Kurt Dutz: Gutenberg 2000

3. Einflüsse und Folgen

Brauchte ein Bibelschreiber noch zweieinhalb Jahre um ein Bibelexemplar fertigzustellen, so ließen sich nun mittels der neuen Technik im gleichen Zeitraum 180 Exemplare anfertigen. Das neue Handwerk arbeitete offensichtlich von vornherein stark nachfrageorientiert. Die erste Bibelauflage war bereits vor ihrer Fertigstellung vollständig ausverkauft.

Bald folgten die ersten Schriften mit weltlichen Inhalten, so z.B. die Weltchronik des Nürnberger Stadtarztes Hartmann Schedel in einer Auflage von rund 2000 Exemplaren in einer lateinischen sowohl, als auch in einer deutschen Ausgabe. Schon bald erschienen 15% aller Texte in den Volkssprachen obwohl Latein vorerst seine dominierende Stellung behalten sollte.

Fachliteratur über die sogenannten freien Wissenschaften (Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Astronomie, Geometrie, Arithmetik, Musik) erschien nun nicht mehr ausschließlich in Latein für die Ausbildung an Universitäten, sondern auch in deutscher Sprache für ein schnell wachsendes städtisches Bildungspublikum.

Es wurden aber auch unterhaltende Romane (Simplizissimus, Eulenspiegel etc.), Kräuterbücher und Lebenslehren (China lässt grüßen) sowie theologisch-politische Streitschriften und Übersetzungen fremdsprachiger Literatur veröffentlicht. 1518 erschienen Adam Rieses Rechenbücher, 1525 Albrecht Dürers "Unterweisung der Messung" und 1528 seine "Vier Bücher von menschlicher Proportion".

Nimmt man hinzu, dass nun auch interessierte Laien die Universitäten besuchen durften, lässt sich unschwer feststellen, dass der Verlust des Bildungsmonopols der klerikalen und adligen Stände eine der gravierensten Folgen der gutenbergischen Erfindung war.

"Ohne den Buchdruck mit beweglichen Lettern, endlich einmal eine europäische Eigenleistung, wären aber weder der Humanismus noch die Reformation gediehen. Bereits wenige Jahrzehnte nachdem Gutenberg um 1450 seine moderne Druckerei eingerichtet hatte, gab es jährlich eine Vielzahl neuer Bücher, Broschüren, Flugschriften, Einzelblattdrucke. Die Kirche verlangte zwar, dass nichts gedruckt und verbreitet werde, was nicht von ihr zensiert worden war, aber man gehorchte ihr nur mangelhaft." (Eberhard Orthbrandt - Illustrierte Geschichte Europas)
Bereits zu Lebzeiten Luthers werden 500.000 Exemplare seiner Bibelübersetzung verkauft.

1543 ließ Keppler seine Arbeit über das heliozentrische Weltbild drucken. Auch die schon erwähnten Übersetzungen fremdsprachiger Literatur blieben sicher nicht ohne Folgen auf die Entwicklung des allgemeinen Bewusstseins. Dass es aber durch die Einführung einer neuen Technik nicht nur Gewinner gibt, darauf weist der amerikanische Medienkritiker Neil Postman hin, wenn er sagt:

"A new technology sometimes creates more than it destroys. Sometimes, it destroys more than it creates. But it is never one-sided. The invention of the printing press is an excellent example. Printing fostered the modern idea of individuality but it destroyed the medieval sense of community and social integration. Printing created prose but made poetry into an exotic and elitist form of expression. Printing made modern science possible but transformed religious sensibility into an exercise in superstition. Printing assisted in the growth of the nation-state but, in so doing, made patriotism into a sordid if not a murderous emotion." (Aus einer Rede Postmans gehalten anlässlich eines Treffens der deutschen Gesellschaft für Informatik) am 11. Oktober 1990 in Stuttgart, gesponsort von IBM Deutschland.)


Weiter


Index
Zum Klausuren und Referate Flohmarkt
home
Zur Uni-HP mit weiteren Arbeiten
Kommentare (Neues Fenster)

© 2001by K.D.
http://www.blues-browser.de