Kurt Dutz: Gutenberg 2000 

6. Medienkonkurrenz - Hat das Buch eine Zukunft?

6.1 Film und Rundfunk

Konkurrenz durch andere Medien erwuchs dem Buchdruck erst, nachdem er fast ein halbes Jahrtausend alt war, durch das Aufkommen von Film und Hörfunk zu Beginn des 20. Jhdt.'s. Von einer "existenzbedrohenden Krise" zu sprechen, wie Stephan Füssel, in einem der hier zusammengefassten Beiträge, halte ich allerdings für übertrieben. Es mag sein, dass die Produktion von Druckerzeugnissen zunächst rückläufig war, bald jedoch kam es zu einer gegenseitigen Stützung, der nun verfügbaren Medien. Es gab das Buch zum Film, den Film zum Buch, Bedarf an Fachliteratur entstand, Biographien über die neuen Helden auf und hinter der Leinwand boten ein neues Thema für Buchautoren.

6.2 Fernsehen

Auch das in den sechziger Jahren aufkommende flächendeckende Fernsehangebot, konnte die Printmedien nicht ernsthaft gefährden. Zwar befürchtete man auch hier wieder den "Untergang des Gutenberg Universums" und sah vor allem die Absatzchancen unterhaltender Zeitschriften gefährdet. Wer sich allerdings heutzutage in einem Zeitschriftenladen umsieht, wird in dieser Hinsicht schnell eines Besseren belehrt.

6.3 Computer und Internet

Gegenwärtig sind etliche Zeitgenossen der Ansicht, das Internet und die allgemein zunehmende Computerisierung würden das endgültige Aus für das Druckgewerbe bedeuten; andere wiederum hoffen darauf, dass durch die intensivierte Auseinandersetzung mit Texten (zum Beispiel bei der Erstellung einer privaten Homepage), die nicht nur zu verfassen, sondern auch zu gestalten sind, Fragen aufgeworfen würden, die letztlich in einen Lernprozess des Anwenders münden müssten und so das allgemeine Niveau und damit auch die Qualitätsansprüche eher gehoben würden.

Als weiterer Konkurrent des gedruckten Buches gilt das auf der Buchmesse 1999 erstmals vorgestellte Rocket-Book, bei dem es sich um einen hintergrundbeleuchteten LCD Bildschirm im Handtaschenformat, in den beliebige Texte hineingeladen werden, handelt. Künftige Versionen sollen auch bewegte Bilder und Audiodaten wiedergeben können. Darüberhinaus wird derzeit, insbesondere am MIT und bei Rank Xerox, fieberhaft an der Entwicklung des sogenannten Digitalen Papiers gearbeitet. Ziel der Entwicklung ist es, ein Blatt von der äusseren Qualität einer Zeitungsseite elektronisch betext- und bebilderbar zu machen. Am Ende der Entwicklung hätte man dann quasi eine einzige Buchseite, auf die man sich das, was man gerade zu lesen begehrt lädt, so z.B. morgens die Tageszeitung, tagsüber Fachliteratur (oder Spickzettel), und abends einen Kriminalroman, ohne den die Mimi ja bekanntlich nicht ins Bett zu kriegen ist.

Was spricht denn aber tatsächlich angesichts der neuen Medien noch für das Buch?

6.4 Das Internet:

Im Departement of Defense, dem amerikanischen Verteidigungsministerium, wurde überlegt, wie man wichtige militärische Daten besser schützen könnte. Selbst bei einem atomaren Angriff des Gegners sollten die Daten nicht zerstört werden können. Als Lösung kam nur ein elektronisches Datennetz in Frage. Die gleichen Daten sollten dabei auf mehreren, weit entfernten Rechnern abgelegt werden. Bei neuen oder geänderten Daten sollten sich alle angeschlossenen Rechner binnen kürzester Zeit den aktuellen Datenstand zusenden. Jeder Rechner sollte dabei über mehrere Wege mit jedem anderen Rechner kommunizieren können. So würde das Netz auch dann funktionieren, wenn ein einzelner Rechner oder eine bestimmte Leitung durch einen Angriff zerstört würde.

Die Advanced Research Projects Agency (ARPA), Teil der US-Militärs, realisierte das geplante Projekt. In den ersten Jahren wurde das Netz deshalb ARPA-Net genannt. Ende 1969 waren die ersten vier Rechner an das ARPA-Net angeschlossen. Drei Jahre später waren es bereits 40 Rechner.

Das Prinzip der vernetzten Rechner, war aber nicht nur für militärische Zwecke interessant. Man erkannte schnell, dass auch der akademische Betrieb vom ARPA-Net profitieren würde. Für Wissenschaftler war allerdings weniger das Synchronisieren von gleichen Daten auf mehreren Rechnern interessant, sondern eher die Möglichkeit, Daten von einem anderen Rechner abzurufen. Wegen der offenen Architektur des ARPA-Net stand einer solchen Verwendung nichts im Wege. Wissenschaftler konnten von den frühen 70er Jahren an Forschungsergebnisse anderer Institute über das ARPA-Net abrufen oder anderen angeschlossenen Instituten eigene Daten zur Verfügung stellen.

So entstanden nacheinander diverse Dienste und Protokolle und irgendwann umspannte das Netz die ganze Welt.

Das Internet in seiner gesamten Komplexität ist aber eigentlich garnicht gemeint wenn von ihm gesprochen wird, sondern im Grunde genommen nur sein jüngstes, erst 1994 geborenes Kind, das auf HTML basierende WWW.

6.4.1 HTML

HTML bedeutet HyperText Markup Language. Es handelt sich dabei um eine Sprache, die mit Hilfe von SGML (Standard Generalized Markup Language) definiert wird. SGML ist als ISO-Norm 8879 festgeschrieben.

HTML ist eine sogenannte Auszeichnungssprache (Markup Language). Sie hat die Aufgabe, die logischen Bestandteile eines Dokuments zu beschreiben. Als Auszeichnungssprache enthält HTML daher Befehle zum Markieren typischer Elemente eines Dokuments, wie Überschriften, Textabsätze, Listen, Tabellen oder Grafikreferenzen.

Weitere Einzelheiten will ich uns hier ersparen, mit Ausnahme des wohl wichtigsten Merkmales dieser Sprache: Textteile können über sogenannte Links nahezu beliebig miteinander verknüpft werden und das nicht nur innerhalb eines Dokumentes, sondern auch zwischen verschiedenen. In der Praxis sieht das dann z.B. so aus, dass man in einem Bildschirmfenster einen Text liest, bei dem z.B. Fremdwörter mit einer anderen Datei, die entsprechende Erläuterungen enthält, verknüpft sind. Versteht man ein Wort nicht, dann klickt man es an und in einem zweiten Fenster erscheint der erklärende Text. Genauso lassen sich natürlich Sprungmarken zu einzelnen Abschnitten oder Stichworten anlegen, oder aber auch zu anderen Dokumenten die ähnliche Themen zu Inhalt haben etc.. Das Beste aber ist, dass diese Dokumente (jetzt sind wir wieder beim WWW) auf irgendeinem Rechner irgendwo auf der Welt liegen können.

Als grösster Vorteil dieser Art, Texte aufzubereiten, wird vielfach der Wegfall des Zwangs zum linearen Lesen angeführt. Sicherlich kann das ein Vorteil sein (z.B. Bei Gebrauchsanleitungen und ähnlichen Sachtexten), oft aber ist es geradezu unabdingbar einen Text sequentiell abzuarbeiten, weil ansonsten ein Verstehen unnötig erschwert wird bzw.nicht möglich ist.

Obwohl es sich bei HTML um eine Textbeschreibungssprache handelt, nimmt der Anteil am gedruckten Wort im WWW ständig ab. Der Anwender sitzt vor seinem Bildschirm und klickt vorwiegend auf irgendwelche Hieroglyphen - neudeutsch "Icons" genannt - und wo immer es machbar ist, sind die aufgerufenen Seiten mit albernen Animationen aufgepept und aus den Boxen plärren irgendwelche musikähnlichen Geräusche. Das Zauberwort heisst Multimedia und genau das ist der Grund warum das Internet langfristig vielleicht dem Fernsehen gefährlich werden wird, nicht aber dem Buch. Denn sobald die Übertragungsleistung des Netzes hoch genug ist, wird auch das letzte geschriebene Wort durch ein gesprochenes ersetzt werden. Es ist durchaus denkbar, dass bestimmte Phrasen mit bestimmten Hieroglyphen verknüpft werden und nicht aus dem Netz geladen werden müssen, sondern von der Festplatte des Anwenders aufgerufen werden.

6.5 Texte auf Datenträgern

Bezeichnenderweise gehören die Hersteller von Computerzubehör zu den Ersten, die sich vom gedruckten Text in Form eines Handbuchs bzw. einer Gebrauchsanleitung verabschiedet haben und auf digitale Texte, die in der Regel auf Diskette bzw. CD-ROM mitgeliefert werden, umgestiegen sind. In der Praxis bringt diese Form der Dokumentation dem Anwender allerdings kaum einen Vorteil, zumal der Rechner meistens gerade dann, wenn das Handbuch vonnöten wäre, z.B. bei Um- oder Aufrüstungen, nicht in Betrieb genommen werden kann und selbst wenn das der Fall ist, so ist es doch ausgesprochen lästig, ständig seine Tätigkeit unterbrechen und zum Bildschirm laufen zu müssen. Das elektronische Handbuch hat seinen hauptsächlichen Zweck also in der Kostenreduzierung. Die eingesparten Kosten gehen aber letztlich zu Lasten des Anwenders, der sich die Unterlagen dann selbst ausdrucken darf.

Auch das Handbuch zur Software, das vor einigen Jahren noch den Löwenanteil des Lieferumfangs von Softwarepaketen ausmachte, ist der sogenannten "Online-Hilfe" zum Opfer gefallen, mit dem Ergebnis, dass der Markt für Sekundärliteratur zum Thema Computeranwendungen auf das prächtigste wächst und gedeiht.

6.6 Das E-Book

Auch das elektronische Buch wird zumindest noch eine Weile brauchen, ehe es sich auf breiter Front durchsetzen könnte. Zur Zeit ist es zum einen zu unhandlich und zum anderen im Vergleich zur gedruckten Seite einfach zu schlecht lesbar. Gängige Bildschirme der gehobenen Qualität haben ein Auflösungsvermögen von 96 dpi, da fehlt doch noch einiges um auch nur annähernd die Qualität einer Druckseite mit mindestens 2400 dpi zu erreichen. Dazu kommt, dass man für das E-Book eine, wie auch immer geartete, Energiequelle benötigt, um es auch nur aufschlagen zu können. Vielleicht wirds mal was, wenn es mit Solarzellen betrieben werden kann, die sich notfalls mit Kerzenlicht begnügen ..wer weiss...

Aber auch dann noch wird ihm das sinnliche Element des gedruckten Buches fehlen. Ärgert einen ein Text, den man gerade gelesen hat, kann man eine Zeitungsseite hemmungslos zerreissen. Verführe man mit seinem Digitalen Papier in gleicher Weise, hätte man prompt seine gesamte Bibliothek vernichtet .. nicht auszudenken ...

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